Die Schönecker Eierlage

Die Versteigerung
Eine Woche vor Ostern, am Palmsonntag, treffen sich die Mitglieder der Junggesellensodalität zu einer der beiden Hauptversammlungen des Jahres im Vereinslokal: Wichtigster Tagesordnungspunkt ist immer die Versteigerung der Eierlage, die nach einem alten Modus vorgenommen wird. Dabei bietet der Verein den beiden Wettkämpfern den Betrag von 25 Euro für die Ausrichtung der Eierlage. Die Paare, die die Eierlage laufen wollen, unterbieten sich nun gegenseitig, das heißt, sie steigern meist in 50 Cent-Schritten abwärts von 25 Euro. Geleitet wird diese Versteigerung vom Hauptmann des Vereins. Wenn er glaubt, drei fähige Paare unter den letzten Bietern gefunden zu haben, beendet er mit einem Hammerschlag die Versteigerung. Die drei letzten Paare sind dann in der engeren Auswahl. Der gesamte Vorstand der Sodalität zieht sich dann zur Beratung in ein Hinterzimmer des Vereinslokals zurück und entscheidet, wer in der folgenden Woche die Eierlage veranstalten darf. Kriterien bei der Auswahl unter den drei Paaren sind beispielsweise ihre Zugehörigkeit zum Verein, ihr Engagement für die Sodalität und ihre sportlich möglichst ausgeglichenen Fähigkeiten. Während der Vorstand die Entscheidung fällt, warten die Sodalen voller Spannung im Vereinslokal. Dann wird die Entscheidung verkündet. Anschließend geben die beiden Auserkorenen bekannt, wer von ihnen raffen und wer laufen wird. Mit dem Singen des Junggesellenliedes wird dann die Versteigerung beendet.
Auch im ganzen Dorf ist an diesem Tag die Spannung groß. Die Kunde, wer die neuen Eierraffer- und läufer sein werden, verbreitet sich am Abend wie ein Lauffeuer in Schönecken.

Seit mindestens 1843 wird diese Versteigerung auf diese Art und Weise durchgeführt, wie ein Protokollbuch belegt. Der entsprechende Eintrag aus dem Jahr 1873 lautet beispielsweise folgendermaßen:

Verhandelt zu Schönecken am sechsten April achtzehnhundertdreiundsiebzig, abends 7 Uhr in dem Vereinslokal beim Wirt Herrn Michel Wallerius. Unter heutigen Dato wurde das Wettlaufen, Eierraffen am diesjährigen Ostermontag dem vierzehnten April unter folgenden Bedingungen dem Wenigstfordernden öffentlich zu überlassen.
1. Nur Mitglieder werden zur Versteigerung zugelassen und wird nicht gestattet, daß Ansteigerer sich einen anderen als nur ein Mitglied der Sodalität als Gegner zum Wettlaufen zuzieht.
2. Jeder Ansteigerer bleibt an sein Gebot nach dem Zuschlag gebunden, nachdem derselbe von dem Vorstande für tauglich und fähig zum Wettlaufen anerkannt worden ist.
3. Nur an zwei Mitglieder, welche sich eingermaßen an Größe und Stärke gleich setzen und mit keinem leiblichen Schaden oder sonstigen Krankheiten behaftet sind, kann der Zuschlag erteilt werden.
4. Den beiden Mitgliedern, welchen das Wettlaufen übertragen wird, dürfen sich unter keinerlei Bedingungen ebengleichmäßiges Laufen vereinbaren, wodurch das Wettlaufen in die Länge gezogen, dem Publikum höchst überdrüssig und für die Zukunft nachteilige Folgen hat. Ergibt sich aber, daß der eine oder andere Wettläufer durch selbiges nur die Verdingungssumme verloren, sondern er fällt noch in eine Strafe von einem Thaler und wird demselben für die Zukunft das Wettlaufen nicht mehr übertragen.
5. Der Preisläufer erhält eine Renumeration von 15 Sgr (Silbergroschen) außer der Verdingungssumme, wenn er das Geschäft auf 36 Minuten vollendet hat.
6. Die Anzahl der Eier, welche gelegt werden müssen, wird auf 104 Stück gesetzt und bleibt es den beiden Wettläufern überlassen sich darüber zu verständigen, wer läuft und wer rafft.
7. Stellt sich heruas, daß die beiden Wettläufer sich über gleichmäßiges Laufen vereinbart, und die Renumeration gleichmäßig unter sich verteilt haben, so verfällt jeder in eine Strafe von einem Thaler und wird ihnen fernerhin der Zuschalg nicht mehr erteilt werden.
8. Nachgebot finden nicht statt und behält sich der Vorstand die Wahl unter den drei Letztbietenden vor.
9. Da die Taxe des Wettlaufens auf 3 Thaler festgesetzt ist, so wurde nach Vorlesung vorstehender Bedingungen zur Verdingung geschritten und verblieb das erste Gebot dem Nikolaus Hoffeler zu 3 Thaler, 2. Gebot dem Johann Mathoni zu 2 Thaler, 3. Gebot dem Michel Robling zu 1 Thaler. Zuschlag an Robling, der sich Johann Mohr als Gegner wählte, und haben beide mit dem Vorstand unterschrieben.
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