Die Schönecker Eierlage

Die Geschichte
Die Schönecker Eierlage ist einer der ältesten noch erhaltenen Eierbräuche in Deutschland. Der Sage nach ist sie im Jahr 1500 entstanden. Wie dies geschah hat im Jahr 1870 der damalige Schriftführer der Sodalität, Hack, aufgezeichnet:
Zur Zeit, im Jahre 1500 nämlich, als die Dynasten von Schönecken ihr unfern des Fleckens auf steiler Bergeshöhe gelegenes Schloß bewohnten, fanden sich in Schönecken 14 Junker, welche nach damaliger Sitte der Vornehmen und Edlen außer ihrer gewöhnlichen Bedienung noch einige junge Leute zu Besorgung ihrer Aufträge hielten, die sie Läufer nannten. Wie es nun bei Rittern und Junkern keine Seltenheit war, daß sie wegen Geringfügigkeiten in Zank und Fehde gerieten, so entstanden auch unter diesen bei ihren Zechgelagen öfters Neckereien und Streitigkeiten ihrer Läufer wegen, da jeder den schnellfüßigsten haben wollte. Dieses führte dann meistens zu Wetten, in Folge deren die Tüchtigkeit der Läufer erprobt wurde. Dieses Wettlaufen wurde so allmählich zu einer Belustigung für die Junker und das Volk und fand dann regelmäßig an bestimmten Tagen und meistens zu Ostern statt. Zu diesem Zwecke wurde die Entfernung von Schönecken bis Niederhersdorf, dem ungefähr dreiviertel Stunde entfernten Dorfe, ausgemessen und dortige Kirchentüre als Ziel bezeichnet. Je nachdem nun die Witterung günstig war, wurden 100 bis 110 Eier in den oberen Straßen Schöneckens auf den Boden gelegt, und zwar jedes Ei eine Elle von dem anderen entfernt. Die beiden Läufer erschienen hierauf in ihrem Anzug, nur mit einem kleinen Abzeichen an der Mütze versehen und zugleich die 14 Junker, sämtliche Bewohner der Burg, des Ortes und der nächsten Umgebung. Die Läufer zählten nun unter der Aufsicht der Junker und der Ortspolizei die hingelegten Eier und nachdem jedem durch das Los seine Aufgabe zugewiesen worden, gaben sie sich Kuß und Handschlag, worauf das Laufen und Raffen begann. Der Raffer mußte die Eier, eins nach dem anderen, in dem am Ende der Eierlinie aufgestellten Korb tragen, der Läufer aber inzwischen nach Hersdorf laufen und auf die Kirchentüre daselbst ein großes Kreuz mit Kreide machen, wodurch er sein wirkliches Dagewesensein zu beweisen hatte. Waren sämtliche Eier aufgerafft, bevor der Läufer zurückgekehrt war, so wurde der Läufer von der Musik und dem lauten Jubel des Volkes empfangen und so zu dem Raffer hingeführt. Bei ihrer Zusammenkunft gaben sie sich wieder Kuß und Handschlag und erhielten, sowohl der Raffer als der Läufer, von den Anwesenden ein Trinkgeld. Die Junker, der Läufer und der Raffer und die Burgbewohner zogen nun auf die Burg, wo bereits Vorkehrungen zu einem Balle getroffen waren und die Wette verzehrt wurde.
Wieviel an dieser Legende Wahrheit und wieviel Dichtung des damaligen Schriftführers ist, ist schwer auszumachen. Ganz sicher läßt sich die Geschichte der Eierlage auf jeden Fall bis ins Jahr 1764 zurückverfolgen. Aus diesem Jahr ist ein Dokument erhalten, in dem die Eierlage beschrieben wird. Tatsächlich dürfte der Brauch wesentlich älter als 1764 sein, wie ebenfalls aus dieser Urkunde hervorgeht. Protokolliert ist darin ein Gerichtsverfahren. Schönecker Bürger hatten sich beim Vogten Willmar wahrscheinlich darüber beschwert, daß ein - damals sehr wertvolles - rohe Ei beschädigt worden war. Die "schöneckischen Junggesellen Franz Georg Gores und Consorten" übergaben daraufhin dem Vogten eine Urkunde als Beweismaterial, erklärten hierin das Brauchtum und benannten vier Zeugen für die geschilderten Vorgänge.
Zum Beschluß: vg. Das Vorstehende; Bezug 18 geforderte Punkt. Das Beweismaterial samt den Namen der Zeugen und der Bitte von seiten der Schönecker Junggesellen Frz. G. Goress und Geonssen gegen daselbst ansässigen Bürger Hub. Gores und Genossen.
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Zum Beschluß: Schönecken, im Dienstzimmer des Richters am Tage des 6. Juli 1764.
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1. Wahr ist, daß altherkömmlich, daß in den Osterferien die Eyer zu Schönecken gelegt und respect aufgerafft worden.
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9. Wahr, daß die Partey, welche die Eyer aufgehoben, deme Theil, so inmittels nacher Hersdorf geloffen, solche Eyer anwiederum außer dem Korb samtlich und sonders in Statu et numero quo, zu überliefern schultig seye, also wir.
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14. Wahr, daß all dieses Zeit seines Zeugnis gedenken, also herkomlich oherviert und gehalten worden, auch von seinen Vorfahren nie anders gehört habe.
Nomina testium:
H. Schultheis zu Wetteldodrff
Theodor Gores daselbst
Scheffen Duppaich von dahier
Michael Arent hierselbst
6. Juli 1764
Wilmar Vogt
Der wichtigste Punkt für uns ist hier der Punkt 14, denn ihm zufolge gibt es die Eierlage schon "seit Zeugens Gedenken", also wohl mehrere Generationen vor 1764.
Alte Urkunden der Sodalität belegen, daß etwa um 1840 ein Wechsel der Laufstrecke stattgefunden haben muß. Die Laufstrecke ins Nachbardorf Hersdorf muß offenbar so schlecht gewesen sein, daß der Läufer fortan ins benachbarte Dorf Seiwerath lief. Seit etwa dieser Zeit hat sich auch die vorher offenbar nicht genau festgelegt Zahl der ausgelegten Eier bei 104 eingependelt. Vorher wurde möglicherweise je nach Witterung und der Stärke der beiden Kontrahenten die Zahl der Eier zwischen 100 und 110 variiert. So erklärt der Bürgermeister Bohnen II. in einer Urkunde an den Landrat Bohnen am 26. April 1836 die Eierlage folgendermaßen:
Tag des Festes: Ostermontag,
Ort des Festes: Schönecken,
Benennung des Festes: Unter dem Namen Eierfest bekannt,
Angabe über Art und Weise des Festes: Nach beendigtem Gottesdienste, der an diesem Tage in der Kapelle zu Schönecken, jedoch ohne besonderen Zulaß fremder Leute, gehalten wird, beginnt das sogenannte Eiferfest, wozu dann eine nicht unbedeutende Volksmenge aus der Umgebung sich einfindet. Es werden ca. 100 Eier der Straßenlänge nach, in einem zwischenraum von 2 Fuß niedergelegt, die ein Läufer jedes nach dem anderen aufrafft und an einem Ende zusammenbringt, während ein zweiter Läufer nach Niederhersdorf - eine Stunde von hier - hin- und zurückläuft. Wer von den beiden nun seine Laufbahn zuerst vollendet, der hat gesiegt. Nachher wird in mehreren Wirtshäusern Tanzmusik gehalten. Dieses Fest ist herkömmlich aus uralter Zueit und stets von dem Ortsverein der Jünglinge veranstatet worden. Die ehemaligen Junker sollen es eingesetzt haben.
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